2. Shinjuku Tokyo Neon Signs

 

Was ist internationale Werbung genau?

Als internationale Werbung bezeichnet man solche Werbemittel (Anzeigen, Werbespots,
Plakate, Funkspots), die in mehreren Ländern eingesetzt werden, wobei sie auf die Eigen-
arten der Empfänger mehr oder weniger zugeschnitten sind. Um Werbekosten zu sparen,

denkt man in den letzten Jahren immer häufiger über die Standardisierung der Werbung nach.

Als standardisierte Werbung erachtet man solche Werbemittel, die bis auf die Übersetzung

des Texts international einheitlich gestaltet sind (vgl. Abb. 5).

 

Um eine Marke international zu positionieren verwendet man in der Werbung vor allem
emotionale Erlebnisse (vgl. Abb. 6). Das ist deshalb sinnvoll, weil sich heutzutage
die meisten Käufer von der gefühlsmäßigen Anziehungskraft einer Marke leiten lassen

und weniger von funktionalen Produktmerkmalen. Denn: Die Qualität vieler Produkte ist

heute sehr hoch, das Kaufrisiko ist also niedrig. Und die Produkte der verschiedenen Herstellerunterscheiden sich heute kaum noch in funktionaler Hinsicht. Ob man beispielsweise

einen Geschirrspüler von Miele oder Siemens kauft, ist egal.

 

Beide sind qualitativ hochwertig und der Preis ist etwa der gleiche. Man kann im Grunde nichts
falsch machen, ob man nun Miele oder Siemens kauft. Vor diesem Hintergrund wird gefühls-
mäßige Anziehungskraft wichtig. Anders ausgedrückt: Wir entscheiden uns für die Marke,
die uns lieber ist. Beispiele für anziehende Marken sind Chanel, Nike, Coca-Cola, BMW,

Marlboro und Boss. Sie stehen für emotionale Erlebnisse wie Eleganz, Sportlichkeit, american

way of life, Fahrspaß, Freiheit und Abenteuer, Innovation. Schwierig wird es, wenn es darum

geht, diese emotionalen Erlebnisse international zu kommunizieren.

 

Praktiker und Theoretiker streiten seit Jahren darüber, ob man ein- und dieselbe Werbung in
allen Länder einsetzen kann oder ob man für jedes Land eine eigene Werbung entwickeln muß,

um den lokalen Gewohnheiten und Vorlieben der Menschen gerecht zu werden. Viele Gegner

der Standardisierung sagen, daß die Werbung der Kultur des Landes angepaßt werden muß,

um überhaupt zu wirken. Das gelte insbesondere für emotionale Werbung, weil die Gefühls-

und Erfahrungswelt der Menschen mit ihrer Kultur variiere.

 

Warum besteht dieser Streit überhaupt? Das liegt daran, daß bis heute kaum wissenschaftliche Erkenntnisse über die emotionalen Reaktionen von Konsumenten unterschiedlicher kultureller
Herkunft bestehen. Die interkulturelle Werbeforschung steckt noch in den Kinderschuhen.
Deshalb sind die Kreativen in den Werbeagenturen bei der Entwicklung internationaler
Werbekampagnen auf Spekulationen angewiesen.

 

Dieses intuitive Vorgehen ist mit dem Risiko verbunden, daß die Werbung letztlich nicht wirkt
und die Marke in den Augen der Empfänger nicht das intendierte Erlebnisprofil erhält. Aus
dieser Unsicherheit heraus wird häufig standardisierte Werbung entwickelt, die um alle mut-
maßlich kulturspezifischen Elemente reduziert sind: Das Fotomodell, die Frisur, das rote Kleid,
die Art, wie der Tisch gedeckt ist.

 

Oft sieht man nur das Produkt in der Werbung. Und das wirkt natürlich langweilig und hat zur

Folge, daß die Werbung den Empfängern kaum noch ans Herz geht. Deshalb bin ich bei meiner Forschungsarbeit der Frage nachgegangen, ob zwischen den Konsumenten unterschiedlicher

kultureller Prägung Übereinstimmungen in der Gefühls- und Erfahrungswelt bestehen, die es ermöglichen, emotionale Werbung standardisiert umzusetzen.

 

Dabei hat mich besonders interessiert, jene kulturellen Einflußgrößen aufzudecken, anhand
derer sich Übereinstimmungen in der Gefühls- und Erfahrungswelt abschätzen lassen.
Mit anderen Worten: Was veranlaßt die Menschen unterschiedlich auf emotionale Werbung

zu reagieren? Ihre Sprache? Ihre Werte? Ihre Herkunft? Ihre Nationalität? Antworten auf diese
Fragen geben meine Veröffentlichungen zur internationalen Werbung.

UPS Werbung Deutschland

 

UPS Werbung Frankreich

 

Abbilung 5: Standardisierte Werbung aus Deutschland und Frankreich

 

 

Davidoff Werbung Deutschland

 

Davidoff Werbung Frankreich

 

Abbildung 6: Standardisierte Werbung aus Deutschland und Frankreich

 

Internationale Werbeplanung: Königsweg oder Mördergrube?